Nebenjob
Seitensprung oder Quantensprung?
Besser hätte man die tatsächlich oftmals schwierige Diskussion kaum einleiten können. Ist es legitim, heutzutage neben einem sicheren Hauptjob noch einen Nebenjob zu haben? D.h. kein Ehrenamt oder einen zweiten Job, weil der erste finanziell nicht ausreicht. Evtl. wie in meinem Fall sich im Nebenberuf selbstständig zu machen, als Einzelunternehmerin aktiv zu sein oder sogar im größeren Stil zu gründen?
Warum sollten Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden so einen “Seitensprung” erlauben?
@Julia Collard und @Sven Schnitzler sind dieser Frage nachgegangen und haben via Twitter öffentlich gefragt, wie das Netzwerk dieses Thema einschätzt. Entstanden ist neben einem spannenden Threat auch dieser Blog Post, der einige der Perspektiven aufgreift und herausstellt: es liegen viele Vorteile und Chancen in solch einer beruflichen Konstellation.
Für mich bedeutet meine nebenberufliche Selbstständigkeit in erster Linie, dass ich die Möglichkeit habe, meine eigenen Ideen und Konzepte mit interessierten und veränderungsbereiten Menschen und Unternehmen umzusetzen, auszuprobieren und dadurch immer weiter zu lernen. Meine eigene Weiterentwicklung ist mir wichtig und geht nicht immer in die Richtung, die sich mein Arbeitgeber vorstellt, was völlig legitim ist. Schließlich habe ich dort klare Erwartungen, Aufgaben und ein Jobprofil auszufüllen, und oftmals verändern sich meine Wünsche schneller als ein Jobwechsel möglich ist. Im Rahmen meiner Selbstständigkeit kann ich zudem weitere Interessen und Talente ausleben, für die in der aktuellen Aufgabe nicht genug Raum vorhanden ist. Denn gerade jetzt, in Zeiten einer Krise, ist es notwendig, auf die Kernthemen und wichtigsten Aufgaben zu fokussieren, zu priorisieren und schnell an Lösungen zu arbeiten.
Was mein Hauptarbeitgeber von meinem “Seitensprung” hat? Ich bin davon überzeugt, dass ich das, was ich extern lerne, ganz natürlich auch in meinem Hauptjob einbringe und mit Kolleginnen und Kollegen offen teile. Meine persönliche Weiterentwicklung und der damit verbundene Zuwachs an Kompetenzen kosten das Unternehmen weder meine Arbeitszeit noch Geld. Zudem merke ich, dass ich wieder freier und engagierter arbeite, weil ich mehr Freiheit lebe und weitere Talente in meinem Leben ausleben kann. Und ich lerne völlig eigenverantwortlich Unternehmertum — etwas, dass man sich im Konzern immer wünscht, aber schwierig umzusetzen ist, wenn die eigenen finanziellen Mittel nicht betroffen sind.
Ob ich dadurch mehr Stress habe? Mehr arbeite? Ungesünder lebe? Im Gegenteil! Der Zugewinn an Freiheit und die Weiterentwicklung motivieren mich und sind energiegebend! Und durch die Arbeitszeitreduktion im Hauptjob bleibt mehr Zeit für den Nebenjob. Auch wenn viele Konzepte und Ideen in der eigentlichen Freizeit, z.B. beim Sport entstehen, ich habe immer noch Zeit für Ehe und Familie, für mich, Sport, Freunde, Genuss und ja, Wellness und Urlaub. Etwas weniger als früher — aber wer mich kennt weiß, ich war schon immer eine unverbesserliche Workaholic Der Preis dafür ist allerdings ein konsequentes und diszipliniertes Zeitmanagement. Kunden und Themen, die ich nicht annehme, da ich nur einen Tag in der Woche zur Verfügung stehen kann. Dafür aber freiwillig, hoch motiviert und engagiert — in beiden Jobs!
Für mich ist diese Konstellation ein Quantensprung trotz Seitensprung, der die “Liebesbeziehung” zu meinem Arbeitgeber und meiner originären Aufgabe stärkt, mir Energie gibt und Freude macht. Wichtig ist allerdings, mit diesen Themen offen umzugehen, Vorgesetzte um Unterstützung zu bitten und nichts zu verheimlichen — denn dann ist es eigentlich kein Seitensprung sondern eine kleine berufliche Parallelinsel, von der beide Seiten profitieren.
Danke an @Julia und @Sven für die spannende Diskussion und den Anstoß, mich mit diesem Thema auch hier via LinkedIn nochmals intensiv auseinander zu setzen!
Was ist Eure Meinung zu diesem Thema? Habt Ihr evtl. eine ähnliche Konstellation gewählt? Und glaubt Ihr wie ich, dass es sich hierbei um ein wirklich tragfähiges Zukunftsmodell handelt?
#NewWork #Selbstständigkeit #Nebenjob